Thursday, October 06, 2005

Der 1. Tag beim Richter

In der vorletzten Woche unseres Einführungslehrgangs bekamen wir einen Brief, der uns verriet zu welchem Gericht wir zugewiesen worden waren.
Ich hatte mir das Amtsgericht gewünscht gehabt (aus 3 Gründen: 1. Sollen die Fälle beim AG oft examensnäher sein als beim LG, 2. soll man am AG weniger Arbeit bzw. kürzere Arbeitszeiten haben als am LG, da am LG die Sitzungen oft bis spät in den Nachmittag gehen - beim AG dagegen meist nur bis mittags und 3. soll es am AG etw. "unkomplizierter" bzw. weniger konservativ zugehen als beim LG) und ich kam glücklicherweise auch zum AG.

Den Namen des Richters und seiner Durchwahl hielten wir also in der Hand. Zu einer echten Herausforderung wurde es jedoch den Richter auch zu erreichen. An den meißten Tagen hatten wir vormittags AG und wenn ich um 13:00 nach Hause kam, war im Richterzimmer niemand mehr zu erreichen! Da hilft nur eins: Man sollte sich über die Zentrale des Gerichts mit der Geschäftsstelle des jeweiligen Richters verbinden lassen. Die Beamten (meist Beamtinnen) auf der Geschäftsstelle wissen immer, wo sich der Richter aufhält und wann man ihm am Besten erreichen kann.
Ich hatte letztendlich allerdings doch Glück und erreichte meinen Richter direkt auf seinem Zimmer. Ich stellte mich kurz als die neue Referendarin vor, als ich auch schon unterbrochen wurde. Der Richter teilte mir mit, dass er für 2 Wochen im Urlaub sei und dass ich daher am Besten schon vor meinem eigentlichen Antrittstermin bei ihm vorbeischauen sollte. Er nannte mir noch kurz Termin und seine Zimmer-Nr. und legte auf! Insgesammt war er am Telefon sehr kurz angebunden, was in mir eher ein Unbehagen hinterließ.

So ging ich am vereinbarten Tag gespannt zum Gericht und klopfte voller Erwartung an die Tür des Richterzimmers - jedoch war er nicht da!
So kurz wie er am Telefon angebunden war, war ich mir nicht sicher, ob er mich nicht evtl. vergessen hatte. Nach ca. 10 Minuten tauchte er dann aber auf und erklärte mir kurz, was zu seinen Aufgabengebieten gehört: Zur Hälfte Insolvenzrecht (supie dachte ich mir) und zur anderen Hälfte allgemeine Zivilsachen. Dann teilte er mir mit, dass er mir keine Insolvenzrechtssachen zur Bearbeitung geben würde (mein Gott war ich froh) und sagte mir außerdem, dass er versuchen würde mir nicht allzuviele Mietrechtssachen zu geben (da nach seiner Erfahrung, Referendare keine Ahnung von Mietrecht haben), was sich jedoch nicht gänzlich vermeiden ließe.

Nach dieser kurzen Einführung, zeigte er mir noch die Geschäftsstelle (was meine Anlaufstelle in jeder Sache sein wird, falls ich meinen Richter nicht antreffe) und die Gerichtsbibliothek! Danach hatte ich noch kurz Gelegenheit Fragen zu stellen und er überreichte mir auch schon meine 1. Akte! Aufgabe: Eine Relation schreiben, für die ich 2 Wochen Zeit hatte!
Dann sagte er mir noch, dass ich 2x in der Woche zum Gericht kommen müsste. 1x um die Aufgaben, die er mir gibt (z.B. die jetzige Relation) abzugeben und gleichzeitig die Akten für den folgenden Sitzungstag zu lesen, damit ich nicht nur einfach so in der Sitzung sitze, sondern auch weiß, worum es geht. Der 2. Tag an dem ich anwesend sein muss, ist dann der Sitzungstag.
Insgesammt wird es also auf eine 3-Tage Woche hinauslaufen: 2x Gericht, 1x AG!
Nachdem das Alles geklärt war und er mir die zu bearbeitende Akte überreicht hatte, durfte ich dann auch schon nach Hause gehen!
Fazit: Man geht mit einer relativ großen Spannung in diese 1. Begegnung mit seinem Richter, da man ja 4 Monate mit ihm/ihr auskommen muss und da am Anfang ja sowieso schon alles ziemlich neu für einen ist, wünscht man sich wenigstens einen Richter, mit dem man einigermaßen gut klarkommt!
Mein Richter war zwar ziemlich distanziert, aber er schien (nach dem, was man nach so einem kurzen Treffen sagen kann) fair zu sein und den Referendar nicht als billiges Ausbeutungsopfer zu sehen!
Näheres werde ich dann wohl erst in den nächsten Wochen sagen können!
So, jetzt muss ich aber weiter an meiner Relation arbeiten - schließlich will man nicht direkt bei der 1. Arbeit einen schlechten Eindruck hinterlassen :-)