Monday, January 23, 2006

Aktenvortrag

In vielen AG's ist das Halten eines Aktenvortrages ja Pflicht - bei uns war es freiwillig, da unser AG-Leiter meinte, dass er niemanden, der Angst vor solchen Situationen hat, schlaflose Nächte bereiten will.
Andererseits wies er auch daraufhin, dass das Halten eines Aktenvortrages zum einen schonmal eine gute Übung für das Examen ist und dass wir zum anderen bestimmt mal einen AG-Leiter bekommen würden, bei dem das Halten des Aktenvortrages Pflicht sein würde. Niemand von uns solle also glauben, dass wir das komplette Ref. ohne Halten eines Aktenvortrages durchstehen könnten.
Von 20 Leuten meldeten sich so ca. 15 freiwillig zum Aktenvortrag. Auch ich entschied mich dazu, zumal man nichts zu verlieren hatte. Denn unser AG-Leiter wollte die Note des Aktenvortrages nur zählen, wenn sie besser als die Klausurnoten war. Man hatte so also die Möglichkeit eine schlechte Klausurnote auszugleichen.
So trat ich eines morgens um 7:30 an unserem AG-Ort an und nahm den Aktenvortrag von unserer Referendarabteilung entgegen.
Man hat dann 1/2 Std. Zeit den Aktenvortrag vorzubereiten und wird dann in den AG Raum gerufen, wo man den Aktenvortrag dann so frei wie möglich halten soll.
Inhaltlich ging es in meinem Fall um die Sittenwidrigkeit einer Bankbürgschaft. War thematisch im Grunde nicht allzu schwer, aber man unterschätzt wie kurz 30 Min. sein können. Allein für das Lesen der Akte und das Erstellen einer Lösungsskizze braucht man ca. 30 Min. Dazu kommt aber der Punkt, dass man den Aktenvortrag so weit es geht frei halten soll. Dies kann man nur, wenn man den Vortrag quasi auswendig lernt, was in der knappen Zeit von 30 Min. so gut wie unmöglich ist.
Unser AG Leiter hatte uns die Vorgabe gemacht, nach mind. 20 Minuten fertig zu sein, so dass man die letzten 10 Minuten den Vortrag immer und immer wieder vor sich her sagen kann.
Jedoch ist diese Zeiteinteilung ziemlich utopisch. Jedenfalls hat es kaum einer aus unserer AG geschafft.
Ich bekam für meinen Aktenvortrag 7 Punkte! Kritik: Ich hätte den Vortrag noch freier halten sollen und hatte einige rechtliche Punkte zu einseitig (aus der Sicht meines Mandanten) dargestellt!
Die Notengebung empfand ich in meinem Falle als fair! Jedoch gab es immer wieder Aktenvorträge, wo ich dem ein oder anderen Kollegen aus meiner AG mehr Punkte gegeben hätte. Insgesammt hatte ich den Eindruck, dass die Darstellung oft vielmehr zählt als die rechtliche Würdigung. Kollegen, die eine wirklich einfache rechtliche Würdigung abgaben, dafür den Vortrag sehr frei hielten bekamen eine bessere Note als diejenigen, die wirklich auf schwere rechtliche Probleme hinwiesen, aber den Vortrag nicht ganz so frei hielten.
FAZIT:
Das Halten eines Aktenvortrages ist schwieriger als man es annimmt, wenn man anderen beim Aktenvortrag zuhört.
Die Chance einen Aktenvortrag zu halten, sollte man jedoch auf jedenfall nutzen. Auch wenn es in einem so frühen Stadium (wie in der 1. Station) kaum als Vorbereitung auf die mündliche Examensprüfung dienen kann, ist es aber sicherlich eine Möglichkeit ein "Gefühl" für das Halten eines Aktenvortrages zu bekommen.
Insbesondere das freie Sprechen kann wohl nur durch ständige Übung perfektioniert werden!

5 comments:

  1. Anonymous8:21 AM

    Die Empfehlung, den Aktenvortrag tatsächlich auswendig zu lernen, verstehe ich nicht ganz. Es sollte doch eigentlich möglich - oder wenigstens Ziel der Übung - sein, den erarbeiteten Sachverhalt anhand einer Skizze / Stichwortliste / ... frei wiederzugeben, statt den Vortrag in Gänze auszuformulieren. Schließlich ist so auch das Plädoyer, die Urteilsbegründung, die Darstellung in der Urteilsberatung usw. zu halten.

    Klar geht das nicht auf Anhieb, aber das Auswendiglernen als Ziel zu empfehlen, erscheint mir keine gute Idee. Wenn man's noch nicht kann, wann soll man es dann lernen, wenn nicht im Referendariat? :-)

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